​Ein Gastbeitrag von Patricia Richert.

Patricia Richert

​Patricia Richert, Jahrgang 1959, eine alte Surfer-Seele, Autorin, bildende Künstlerin, Mitarbeiterin einer Fluggesellschaft und „landlocked“ zwischen Hessen und Rheinhessen.Als Teenager fand sie im Bücherregal ihrer Mutter das Jungmädchenbuch der 60er Jahre „April entdeckt Hawaii“, in dem eine der ersten Frauen in Kalifornien Wellenreiten lernte. Diese Geschichte, die Sehnsucht nach dieser Erfahrung hat sie nie wieder losgelassen. Immer wieder lenkte sie das Leben zwar von dem großen Ziel ab, aber der alte Traum vom Wellenreiten lebte stets weiter. Zeitgleich mit diesen Artikel veröffentlicht sie die Absichtserklärung, diese Welt nicht zu verlassen, bevor sie die perfekte Welle gefunden und gesurft hat.

(Das „Mantra“ meines Surflehrers Nico 1999 in Santander/Nordspanien)

​Stell dir vor, das Meer wäre dein Leben, die Wellen die Begegnungen und Erfahrungen, die dich weiterbringen.Stell dir vor, das Board wäre deine (Selbst-)Sicherheit, die Sonne deine Energie, der warme Sand am Strand deine Insel zum Ausruhen, Nachdenken, Abstand nehmen und alles von einem anderen Standpunkt aus betrachten.Wir paddeln hinaus, nicht wissend, was uns erwartet.Es kostet Anstrengung hinauszupaddeln, gegen die schäumenden Wellen, die versuchen uns zurückzuwerfen. Das Brett ist noch nicht so sicher, wie wir es uns wünschen würden.

Meeresbrandung im Sonnenuntergang

Manchmal werden wir einfach heruntergespült, unser Brett ist irgendwo, wir sind nur noch durch die Leash mit ihm verbunden. Aber es ist immer noch da, mit seiner ganzen Stabilität. Wie auch unsere Selbstsicherheit im Grunde immer in uns ist. Wir müssen sie nur entdecken, uns ihrer bewusst werden und sie zu unserem Nutzen lenken lernen. Dann finden wir die Kraft hinauszupaddeln, über den weißen Schaum, über die alltäglichen Begegnungen zu den „grünen“ Wellen.

Wellen sind wie Menschen

Wir lernen langsam die Wellen voneinander zu unterscheiden. Zuerst stürzen wir uns hinein, ohne viel über sie zu wissen.Uns begegnen Wellen wie Menschen: manche, die viel Schaum schlagen, aber wenig Kraft und Inhalt beweisen. Manche, die ganz harmlos aussehen und uns mit unvermuteter Kraft treffen, uns vom Brett reißen und unser Leben auf den Kopf stellen. Dann gibt es manchmal ein Durcheinander von Wellen, die aus verschiedenen Richtungen auf uns einprasseln, ein systematisches Weiterkommen unmöglich machen und eine Menge Energie kosten.In diesen Momenten empfiehlt es sich, den Rückzug anzutreten und am Strand auszuruhen, bis die Lage sich entspannt.

Schöne Ozeanwelle

Die Angst hinter sich lassen

Wir beobachten und entscheiden nach solchen Erfahrungen schon bewusster, wann wir wohin wollen. Es wird mit jedem Versuch leichter, hinaus zu paddeln bis zum grünen Bereich, der von uns verlangt, unsere Angst hinter uns zu lassen, aber trotzdem achtsam zu bleiben.

Sonnenuntergang Ozeanwelle

​​Grüne Wellen – Liebe und Achtsamkeit​​​​

Grüne Wellen sind die, nach denen sich unsere Surfer-Seele von Anfang an sehnt, wonach wir ein Leben lang suchen. Sie sind der Bereich der Liebe.Dennoch gibt es hier eine Gefahr: diejenigen Wellen, welche aussehen wie die perfekte Welle, sich vor uns auftürmen, uns hochtragen, viel versprechen und dann aber hohl in sich zusammenbrechen. Diese Wellen können unser Untergang sein, wenn wir es nicht rechtzeitig schaffen auszusteigen. Doch auch diese Achtsamkeit lässt sich lernen.

Wellen Sonnenuntergang

Und dann sind wir endlich bereit, geduldig, ohne Angst und gut vorbereitet, mit einem sicher zu lenkenden Brett auf sie zu warten.Manchmal, an einer gespenstisch ruhigen Stelle wächst sie aus der eben noch spiegelglatten Wasseroberfläche empor, nimmt uns mit und bereitet uns die schönste Reise unseres Lebens, die uns am weitesten bringt und uns erfahren lässt, wofür es sich zu leben lohnt: Die perfekte Welle, die man Liebe nennt.Denk dran: Die Balance auf unsicherem Untergrund ist vielleicht das Wertvollste, was wir für alle Lebenslagen lernen können!

 [qpp]

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